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Veröffentlichte Bücher: "Life on the Line - The heroic story of Vicki Moore" von Matilda Mench und "Rettet den Gnadenhof" von D.L.M. Mench, sowie Gute-Nachtgeschichten für Kinder usw.

Sonntag, 26. Juni 2016

Umzug der Heilarmee in Southport


Sollte das Wahlrecht von der Lebenserwartung abhängig sein?


Am 23.06.2016 stimmten die Briten über einen Austritt aus der Europäischen Union („Brexit“) ab. Der Morgen danach brachte statt der erwarteten Klarheit Katerstimmung. Nach dem Motto „Be careful what you wish for“ wurde vielen klar, dass sie mit den Konsequenzen lieber doch nicht leben möchten.

Dabei war dieses Ergebnis absehbar. Im Verlauf meiner langen Zeit in Nordwestengland bekam ich den massiven Hass auf die EU mit. Derart unter der Gürtellinie waren die Beschimpfungen, dass ich stillschweigend hoffte, man möge das Vereinigte Königreich aus der EU werfen. Dann wäre endlich Ruhe im Karton bzw. auf der Insel.

Nun sind die Briten freiwillig gegangen und alles ist gut, oder? Was sich allerdings als Reaktion seitens der jüngeren Wähler, die für einen Verbleib in der Union gestimmt hatten, abzeichnet, finde ich äußerst bedrohlich. Sie werfen den älteren Mitbürgern tatsächlich vor, dass sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und für den Austritt gestimmt haben. Die Begründung, die man immer wieder hört: Die Alten hätten ja eh nicht mehr so lange zu leben und müssten die Konsequenzen des Brexit nicht selbst ausbaden. Wie konnten sie bloß derart verantwortungslos abstimmen?

Sollte man das Wahlrecht folglich von der Lebenserwartung eines Menschen abhängig machen? Das bedeutet, dass vor allem bei Entscheidungen, die die langfristige Zukunft der Bürger betreffen, die Alten nicht mit abstimmen dürfen. Ihre Zukunft ist ohnehin klar: Sie vegetieren im Altenheim vor sich hin und kriegen von der Außenwelt nichts mehr mit. Wozu brauchen sie noch Demokratie?

Wie hoch sollte demnach die verbleibende Lebenserwartung sein, damit man seine demokratischen Grundrechte wahrnehmen darf? Fünfzehn Jahre? Zehn Jahre? Fünf Jahre?

Die Petition für eine erneute Abstimmung war zu erwarten. Meine britischen Bekannten sind alle schockiert vom Ergebnis. „Ich bin ein Europäer“ stand in deutscher Sprache in der Betreffzeile einer E-Mail, die mich kürzlich erreichte.

Werden die älteren Wähler sich im Fall einer zweiten Abstimmung noch trauen, ins Wahllokal zu gehen? Was, wenn es wieder eine Entscheidung für den Brexit geben sollte? Wird dann nach einer Wiederholung der Wiederholung des Referendums gerufen, nach dem Motto: Wir stimmen so oft ab, bis ihr alle „richtig“ gestimmt habt?